Warum haben Sie sich damals dazu entschieden, hier einzuziehen?
Es war damals sehr schön für mich, gleich am Anfang ins Hansaviertel kommen zu können. Zu Beginn wohnte ich am Bahnhof Bellevue in dem blauen Hochhaus. Und als wir zwei Kinder hatten und es in der vorherigen Wohnung zu eng für uns wurde, konnten wir die kleine Wohnung gegen diese größere tauschen. Damals war es üblich, dass Wohnungen getauscht wurden. Besonders schön war es auch deswegen, weil dieses Haus ein Freund von mir gebaut hat, der Architekt war: Hans Müller. Im Hansaviertel sah es aber, als es 1957 ins Leben gerufen wurde, ganz anders aus. Es gab weder die Bäume, noch die Grünanlagen. Die Touristen kamen einfach über den Rasen gelaufen und drückten sich die Nasen an meiner Fensterscheibe platt. Es war eigentlich eine Wüste.
„Es ist wunderbar ruhig hier, und trotzdem liegt um die Ecke eine Hauptverkehrsader von Berlin.“
Das Hansaviertel ist sehr locker bebaut. Dadurch gibt es viele schöne Grünflachen. Das ist ein großer Vorteil und viel schöner, als wenn ich in einer üblichen geschlossenen Straßenfront leben würde. Auch sehr schön in die Siedlung eingegliedert ist der Hansaplatz. Da gibt es einen großen Supermarkt, einen Papierladen, eine Paketstation und eine Apotheke. Dass alles so nah und beisammen ist, ist ein großer Vorteil. Mein Lieblingsort aber ist mein Garten vor der Tür. Ich sitze auch gern an meinem Zeichentisch vor all den Farben. Ich bin Grafikerin und habe viele Jahre am Letteverein Modegrafik unterrichtet.
„Neulich habe ich beim Friseur gehört, dass es nirgends in Berlin so viele 100-jährige gibt, wie im Hansaviertel. Wenn das stimmt, wäre es ein Zeichen dafür, wie gut es sich hier leben lässt.“
Das Hansaviertel war von Anfang an ideal. Und deshalb war gar keine große Veränderung notwendig. Ich wünsche mir auch heute nicht unbedingt Veränderung. Vor allem jetzt, wo es nicht mehr so kahl ist wie zu Beginn. Ich mir kaum mehr vorstellen, wie kahl es einmal war. Ich dachte früher, es würde viel länger dauern, bis alles zugewachsen, grün geworden ist. Es hat aber auch eine große Qualität fürs Leben.
Was wünschen Sie sich für das Viertel?
Vor dem Hansaplatz gibt es eine große Wiese, durch die mitten hindurch ein Pfad getrampelt worden ist und das Grün zerstört hat. Die Leute laufen darüber, weil es so am schnellsten zum Einkaufszentrum geht. Ich wünsche mir, dass endlich entschieden wird, was damit geschieht. Denn so wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Soll ein Teil der Wiese dem Parkplatz zugeschlagen werden, der daneben liegt? Oder findet man eine andere Lösung?
Die Geschichte mit den 100-Jährigen, die ich gehört habe, trifft in diesem Haus gar nicht zu. Es gibt hier viele, viele junge Leute – das ist doch wohl ein Zeichen dafür, dass es sich hier sehr gut wohnen lässt. Die große Offenheit in diesem Viertel gefällt mir sehr gut. Es ist wunderbar ruhig, und trotzdem liegt um die Ecke eine Hauptverkehrsader von Berlin: die Anbindung an die Hauptroute vom Ernst-Reuter-Platz bis zum Brandenburger Tor über die Straße des 17. Juni. Und wenn etwas Großes passiert, dann ist es dort. Dadurch ist man sehr flexibel und kommt überall gut hin. Und trotzdem habe ich vor der Tür eine riesige Wiese und kriege von dem Autolärm nichts mit.